Mögliche Strategie(n) wenn Immobilieninvestor*innen euer Haus kaufen

Das Bündnis United Capitulation möchte mit diesem kleinen Leitfaden Menschen helfend unterstützen, die sich in der unschönen Situation befinden, dass sie bald ihren Wohnraum verlieren (könnten) oder allgemein wenn Vermieter*innen unangenehm agieren. Lehnt euch also zurück und entspannt. Es ist nicht alles so schlimm wie es zunächst scheint.

Größte Pflicht der ersten Stunde: Tief durchatmen und Ruhe bewahren!

Ihr habt einen gültigen Mietvertrag und als Mieter*innen Rechte! 

Mit eurer Situation seid ihr nicht allein. Redet mit anderen Menschen darüber und verbündet/solidarisiert euch. Im günstigsten Fall gibt es bereits bestehende Netzwerke die einem weiterhelfen mindestens aber wichtige Tipps für den Anfang geben können.

In Leipzig sind das zum Beispiel die Mieter*inneninitiative www.vernetzungsued.de sowie www.leipzig-stadtfueralle.de.

Eine bundesweite Kampagne für die Rechte von Mieter*innen ist www.mietenstopp.de.

Wie sich in Leipzig einzelne Häuser bereits mehrfach und seit Jahren erfolgreich gegen Entmietung verteidigen konnten kann man auf den folgenden Internetseiten nachvollziehen. Die Reclamstraße 51 in Neustadt-Neuschönefeld berichtet auf www.entmietung51.de von ihren Erfahrungen. Und auch in Connewitz im Leipziger Süden in der Thierbacher Straße 6 muss man sich seit Jahren mit dem Thema Entmietung beschäftigen und entwickelte daraufhin bestimmte Strategien. Ein weiteres extremes Beispiel für einen Mietrechtskampf ist das Geschehen rund um die Kantstraße 55-63b in der Leipziger Südvorstadt.

In der tollen Hausgemeinschaft im Eckhaus Frommannstraße/ Augustenstraße stehen Menschen gemeinsam zusammen für den Versuch auf dem „Wohnungsmarkt“ im Interesse von Mieter*innen zu agieren. Die vergemeinschaft frauguste ist im Leipziger Stadteil Reudnitz aktiv und rundet damit das Bild einer engagierten Leipziger Stadtgesellschaft ab.

Weitere nützliche und spannende Seiten finden sich auf der Kampagnenseite der Bürgerinitiative Bürgerbahnhof Plagwitz erhalten unter Vernetzung, so zum Beispiel die Mietergemeinschaft Schönefelder Höfe, welche sich für die Mieter*innenrechte von Vonovia-Mieter*innen einsetzt.

Eine sehr wichtige Empfehlung unsererseits ist es, dass ihr alle in den Mieterverein Leipzig eintretet. Ein Antragsformular befindet sich auf deren Seite. Bei WGs sollten nach Möglichkeit alle im Haushalt lebenden Menschen eintreten. Jeder Haushalt sollte günstigstenfalls Mitglied sein.

Falls ihr Studierendenstatus habt vergesst nicht, dass es beispielsweise den Student*innenRat der Universität Leipzig gibt, der euch in der Mietberatung auch in Bezug auf solche Themen weiterhelfen kann.

Meldet euch dort umgehend. Vereinbart so schnell wie möglich einen Beratungstermin. Keine Zeit verschwenden! Es ist wichtig einen fachlichen Überblick zu bekommen und Rechtssicherheit zu erlangen.

In Leipzig-Lindenau gibt es die Leipziger Erwerbsloseninitiave (LEZ), welche ein eingetragener Verein und von der Stadt Leipzig mit der Beratung von Mieter*innen beauftragt worden ist.

Außerdem gibt es in Leipzig Connewitz die Mietsprechstunde zu der man sich per Email vorher anmelden kann: fuerdaspolitische[ät]riseup.net. Sprechzeiten und Orte sind folgende. Jeweils erster und dritter Dienstag im Monat in der Wolfgang-Heinze-Straße 22 bzw. Brandstraße 15 (linXXnet). Bitte Mietvertrag, Nachträge und Schriftverkehr mitbringen nicht vergessen.

Wenn ihr euch wirklich sicher seid, dass ihr in eurem alten zu Hause/Heim wohnen wollen bleibt und eine gewisse Resilienz auch bereit seid aufzubauen, gibt es in diesem Fall jetzt nur noch eins: 

Öffentlichkeit schaffen!

Viele scheuen das, sind unsicher, was sie sagen dürfen und was nicht. Auch sind Menschen in der Regel so veranlagt, dass sie nicht viel investieren wollen. Wie schon gesagt, ihr habt Rechte, aber die müsst ihr jetzt verteidigen. Empfehlenswert ist auch eine Rechtsschutzversicherung. Das Unternehmen/die Investor*innen und seine (vielen weiteren Ableger*innen) bzw. die Geschäftsführer*innen solcher Firmen werden euch in den nächsten Monaten hart zusetzen. Umso besser, je mehr ihr in die Öffentlichkeit geht. Dessen müsst ihr euch bewusst sein. Ihr spielt nach den Regeln, die andere Seite eher nicht. Haltet Hausplena ab, redet miteinander, trefft euch regelmäßig, klopft Grenzen ab wie weit jede*r von euch gehen mag und kann. Kommuniziert nach außen was das mit euch macht! Das ist ein sehr wichtiger Punkt – offen zu legen in welcher Situation ihr euch befindet schafft Klarheit, Stärke und Solidarität. Sucht Verbündete, zeigt euch solidarisch mit anderen in ähnlichen Situationen befindlichen Menschen/Gruppen/Häusern. Vernetzt euch (auch und vor allem überparteilich)!

Wenn ihr Konsens über eine gemeinsame Strategie habt verteilt Aufgaben.

1. Rechercheteam (inkl. Archiv)

2. Kommunikationsteam (mit Ämtern…)

3. Öffentlichkeitsteam (Wer nimmt Kontakt mit Journalist*innen auf? Wer bespielt die social media Seiten? Wichtig: Konsens darüber was gepostet wird nicht vergessen und Konspirativität.) Seid euch bewusst, dass man mitunter versuchen wird euch auszuhören. Wer genau die social media Kanäle bespielt ist egal, da es im Konsens geschieht. Im günstigsten Fall lasst ihr vorher ohnehin eure*n Anwält*in drüber schauen. Exakt bleiben!

4. Dokumentiert alles! Mit Datum, Ort und Uhrzeit sowie die Zeug*innen! Dafür bieten sich pads an die jede*r bespielen kann, so er*sie*es den Link hat. Regelmäßig Sicherungskopien mit Datum hiervon anlegen nicht vergessen. Fertigt Screenshots an von den taktischen Bewegungen der Gegenseite (google Rezensionen, social media etc.). Wenn sich eine Sanierung ankündigt und die Handwerker*innen im Haus stehen, fotografiert alles damit man beispielsweise den Urzustand belegen kann (Archiv gut ordnen und verschlagworten).

5. Richtet euch selbstverständlich eine gemeinsame Emailadresse ein, auf die jede*r Zugriff hat und mit der nach außen kommuniziert wird. Achtung! Im Schriftverkehr mit der Verwaltung/Eigentümer*innen immer auf die postalische Schriftform bestehen und Briefe selbst nur per Einwurfeinschreiben versenden. Generell ist die Kommunikation sehr spärlich zu halten. Kein Austausch ohne Beteiligung von Anwält*innen, so dies möglich ist. Gebt so wenig persönliche Daten, wie nötig weiter. Dass die*der Vermieter*in eure Postadresse hat reicht völlig aus. Niemals Telefonnummern oder Emails weitergeben! Der Mieterverein kann euch hierzu weiter beraten. Kurzum: lasst euch nicht anquatschen und nicht auf „Treppengespräche“ ein. Jedes Schreiben der Gegenseite durch den Mieterverein oder eine*n Rechtsanwält*in überprüfen lassen. Betroffene Mieter*innen berichteten uns bereits von den infamsten Versuchen mittels großer Ankündigungen (Umbauten, Sanierungen oder Mieterhöhungen) Mieter*innenrechte auszuhöhlen. Bei angekündigten Umbauten empfiehlt es sich ohnehin das Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung (kurz AWS) zur Sache zu befragen. Informiert euch!

Warum das alles? Man wird versuchen euch mürbe zu machen. Man schaut wo ihr mitunter Schwächen zeigt/habt. Auch wird man euch mitunter Geldangebote machen, damit ihr auszieht (inkl. s.g. Aufhebungsverträge, die dann juristisch auch nicht mehr anfechtbar sind).

Seid euch im Klaren, dass man euch – sagen wir mal für einen Auszug – 5000 Eu pro Wohnung bietet, ihr dieses Geld innerhalb eines Jahres an Mehr-Miete woanders wieder verlieren werdet! 5000 Eu sind in Leipzig meist viel zu wenig, aktuell sind 20 000 bis 54 000 pro Entmietung vor Ort unter Umständen üblich, das zeigen Berichte anderer Betroffener. Aber selbst fünfstellige Beträge sind recht schnell aufgebraucht und rechtfertigen keineswegs den Auszug aus eurer tollen Wohnung. Und ihr braucht ja auch erst noch neuen sicheren Wohnraum der euch auch zusagt und den ihr euch leisten könnt! 

Wenn ihr Fragen habt kommt auf uns oder andere Initiativen zu und schildert was euch zusetzt!

Als Bündnis United Capitulation haben wir mit den verschiedensten Mieter*innen ein und derselben Geschäftspraxis zweier Leipziger Wohnraumspekulant*innen Kontakt. Nach dem Öffentlichwerden, dessen was in einzelnen Häusern ein und derselben Firma passierte, folgte immer mehr mediale Berichterstattung und der Druck auf die Mieter*innen ließ merklich nach. Teilweise zog sich die Firma wieder aus einzelnen Objekten zurück, bzw. verkaufte ihre bzw. die privat erworbenen Einzelobjekte einer der beiden Geschäftsführer*innen wieder weiter. Dass diese beiden Geschäftsführer*innen jeweils mehrere Firmen besitzen und auch ständig die Namen ebenjener Firmen sich ändern, kann man recht gut im Handelsregister nachvollziehen. Seit letztem Jahr ist das sogar kostenlos. Nach wie vor gibt es auch Drittanbieter, welche für bestimmte Auskünfte eine Pauschale verlangen. Für die Suche im Handelsregister benötigt ihr etwas Geduld und den exakten Namen der Firma. Schlagt nach mit wem ihr es da zu tun habt und verschafft euch auf den Seiten der Drittanbieter, mit welchen Firmen oder Einzelpersonen eure Vermieter*innen noch verbunden sind, einen Überblick. Je mehr Menschen Widerstand gegen die unwürdigen Praktiken solcher Investmentgeflechte leisten, desto weniger werden sie zukünftig erfolgreich sein. Haltet zusammen und unterstützt euch gegenseitig!

So konnten sich beispielsweise Mieter*innen in Reudnitz in der im Leipziger Osten befindlichen Harnackstraße 10 erfolgreich gegen Praxen von Entmietung oder dem Verkauf ihrer Wohnungen an jeweils einen der Geschäftsführer*innen zur Wehr setzen.

Das dies nicht ohne die berühmten Hobelspäne vonstatten ging, kann man gut in unserer Pressesammlung sukzessive nachvollziehen.

Wenn ihr schauen wollt, ob eure Vermieter*innen noch in anderen Objekten tätig sind schaut  doch mal bei www.wemgehoertdiestadt.de/leipzig vorbei. Man kann der Initiative auch schreiben und es wird einem bei der Recherche geholfen bzw. eure Informationen werden gesammelt.

Dass der Druck, der auf euch lastet, eigentlich auf die etablierte Politik verteilt gehört und hier dringend Handlungsbedarf besteht, dürfte allen klar sein. Warum also nicht mal die Parlamente bespielen und abklopfen wie die gewählten Vertreter*innen in den einzelnen politischen Parteien zu euch und eurem Recht auf kostengünstiges und sicheres Wohnen stehen? Was ihr auch machen könnt, ist eure gewählten Vertreter*innen mit Fragen konfrontieren deren Antworten auch andere Mieter*innen/allgemein die Öffentlichkeit interessieren könnte.

Was in dieser Hinsicht in Leipzig bisher in Bezug auf unser Beispiel alles geschah kann man unter Parlamentarische Anfragen nachlesen.

Einen besonders schweren und abstoßenden Fall, was einem*r als Mieter*in alles widerfahren kann dokumentierte der mdr am 2.2.2022 in der Sendung Exakt: Vorgetäuschter Eigenbedarf – Mieter werden aus lukrativen Vierteln vertrieben.

Und zu guter letzt nicht ganz unwichtig. Schaut auch erstmal ob eure Wohnung/euer Haus in einem Gebiet der sozialen Erhaltungssatzung liegt. Online kann man das ganz gut auf der Internetseite der Stadt Leipzig beim Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung (kurz AWS) nachvollziehen. Gebt dort unten in der Maske euren Straßennamen ein und überprüft ob ihr im umgangssprachlich genannten Milieuschutzgebiet wohnt/lebt/mietet. 

Sehr empfehlenswert ist es auch beim AWS nachzufragen ob Umbauten und hochpreisige bzw. aufwendige Sanierungen in eurem Haus überhaupt zulässig sind. In Gebieten der sozialen Erhaltungssatzung gibt es hierfür bestimmte Regeln, auf deren Einhaltung ihr als Betroffene selbst insistieren müsst. Die Erfahrungen haben nämlich gezeigt, dass notwendige Bauanträge garnicht erst gestellt werden und Wohnraum überteuert auf den „Markt“ zurückgeworfen wird. Schaut euch auch mal die Sächsische Bauordnung an und wenn Umbauten im Viertel stattfinden freuen sich die Mitarbeiter*innen des AWS über anonyme Hinweisgeber*innen.

Das ist insofern sehr wichtig in den bereits erwähnten Gebieten der sozialen Erhaltungssatzung. Kein Umbau ohne vorherige Genehmigung. Dass sich eine Leipziger Firma bzw. ihre Geschäftsführer*innen mit einem Ordnungswidrigkeitsverfahren nach § 213 Abs. 1 Nr. 4 BauGB auseinandersetzen müssen, welches an die Bußgeldbehörde des Ordnungsamtes gerichtet wurde, kann man hier nachlesen (Punkt 2).

Bitte vergesst auch nicht, dass es in Leipzig eine abgesenkte Kappungsgrenze von 15% bei Mieterhöhungen gibt. Die Miete darf bei bestehenden Mietverhältnissen nur alle drei Jahre um weitere 15% angehoben werden (Stand Juni 2023).

Seit Juli 2022 gilt außerdem die Mietpreisbremse, die Neuvermietungen von Bestandswohnungen bei 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete deckelt. Für alle ab 1. Januar 2019 neu entstandenen Mietverhältnisse gilt Folgendes: Vermieter*innen müssen Mieter*innen vor Abschluss des Mietvertrages unaufgefordert darüber informieren, ob sie sich auf eine Ausnahme von der Mietpreisbremse berufen. Weitere Infos dazu gibt es hier.

Wie ihr gesehen habt, stehen euch also zumindest ein paar Instrumente zur Verfügung, damit ihr in eurem vertrautem Heim wohnen bleiben könnt.

Mit diesem kleinen Leitfaden haben wir versucht die wichtigsten Tipps für Mieter*innen zusammenzutragen. Der Leipziger Wohnungsmarkt ist derzeit nicht nur angespannt sondern im wahrsten Sinne des Wortes aus den Fugen. Wenn wir uns alle zusammen setzen, beratschlagen, austauschen, gegenseitig unterstützen, können wir vielleicht unserer Forderung „Die Wohnungen denen die darin wohnen!“ mehr Schlagkraft verleihen. Sei(d) dabei! Wir sind viele und es ist auch unsere soziale und gesellschaftliche Verantwortung der Spekulation mit Wohnraum etwas entgegen zu setzen. 

Bündnis United Capitulation, Juni 2023

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